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Drei auf einen Streich (6) – Filmbesprechungen

Zu meiner eigenen Überraschung schiebe ich auch in dieser Folge einen Schwung deutscher Filme nach – wie immer bereits in den letzten Wochen auf moviepilot, der Filmplattform meines Vertrauens besprochen:

DIE ANDERE HEIMAT (2013), Edgar Reitz

DIE ANDERE HEIMAT (2013)

Er hat es wieder geschafft. Der unermüdliche, unbeirrbare Chronist Edgar Reitz nimmt uns noch einmal an die Hand, führt uns durch die Zeit, zurück in den Hunsrück, nach Schabbach, aber auch zurück in der Zeit. So weit zurück in der Zeit, dass sich diesmal der Kreis schon fast wieder schließt, denn so fern ist diese Vergangenheit von unserer möglichen Zukunft nicht. Um so mehr lohnt ein genauerer Blick.

Die Freude darüber, dass sich der Dickschädel von Edgar Reitz noch einmal gegenüber der deutschen Förderhölle durchsetzen konnte, ist ihm gar nicht hoch genug anzurechnen. Und ohne einen weiteren Deutschen Dickschädel – den von Günter Rohrbach, der sich unlängst darüber ausgelassen hat, dass es heute fast unmöglich ist einen Redakteur ans Telefon zu bekommen – wäre dieses mal vielleicht gar nichts daraus geworden. Es ist ja keine Serie geworden, nicht wieder um einige Episoden kürzer, wie beim letzten Mal bei HEIMAT 3, und dem ganzen zugehörigen Hickhack um die geschnittenen Szenen der TV-Ausstrahlung. So ist dieser Kinofilm vielleicht eine Kompromisslösung gewesen, der als “Event-Zweiteiler” irgendwann nächstes Jahr in der ARD rausgehauen wird. Mir schwant auch, dass der Epilog auf das Betreiben eben jener Redaktionen zurück zu führen ist, die sich dort “etwas fröhlicheres” gewünscht haben, aber ehe ich mich jetzt in Verschwörungstheorien verliere, lasst mich lieber von dem Film erzählen:

Schon die erste Einstellung führt uns einmal ganz herum, und Gernot Roll darf endlich(!), nach all den Jahren, auch in der Vergangenheit die andere Straßenseite der Simon’schen Schmiede zeigen. Überhaupt ist dessen Kamera, gepaart mit der überwältigenden Leistung des Production Designs und der Ausstattung eine Wohltat – hier steht die Scheiße auf der Straße, Deutschland steckt fest im Dreck, und man kann sich schnell in dem Ort orientieren, fühlt sich dort Zuhause. Allein wie eine ausgewählte enge Gasse erzählt wird, die immer mal wieder von Bedeutung sein wird, sei hier als Beispiel heran gezogen. Aber dann landet schon ein Buch im Dreck, der erste Schnitt schmeißt uns ebenso wie Jakob Simon in die Geschichte des Films. Von ihm erzählen schon die anderen Kommentare zum Film genug. Großartig gespielt von dem Schauspiel-Neuling Jan Dieter Schneider, womit Edgar Reitz zum wiederholten Male beweist, was er mit seiner Schauspielführung aus Laien hervor zu kitzeln in der Lage ist. Nicht nur er, nahezu die ganze Besetzung hat man noch nie gesehen, und stand wohl auch noch nie vor einer Kamera. Das fällt höchstens bei Maximilian Scheidt, der den Schmied und Vater spielt zu Anfang noch auf, aber im Laufe der Dreharbeiten ist auch er an seiner Rolle gewachsen. Ebenso famos besetzt ist Jettchen, der love-interest von Jakob, die von Antonia Bill unwiderstehlich verkörpert wird. Einzig Marita Breuer ragt aus dem Ensemble heraus, stellt sie doch (neben dem Hunsrück) unmissverständlich die Verbindung zu den anderen Mutterfiguren in den HEIMAT Chroniken her.

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Offener Abschiedsbrief an die epd-Film Redaktion…

… und ein Aufruf an alle Film- und Fernsehkritiker.

Über 20 Jahre lang war ich treuer Abonnent der Filmfachzeitschrift epd-Film, die immer noch die in meinen Augen beste deutschsprachige, monatliche Filmzeitung ist. Sie hat mich durch mein Studium begleitet, wurde von mir in allen wissenschaftlichen Arbeiten, bis hin zu meiner Diplomarbeit korrekt zitiert (ist nicht so schwer, wie uns ein Herr von und zu G. glauben machen wollte – auch Ghostwriter sind anscheinend nicht mehr das, was sie einmal waren…). Warum ich mich nun aber unwiderruflich von einer meiner Lieblingslektüren trenne, möchte ich im Folgenden vertiefen.

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Wo kommst du her?

Es ist an Zeit mich eingehender mit der von mir vielleicht meistgehassten Frage zu beschäftigen: Wo ich her komme. Ich mochte diese Frage in Deutschland schon nicht, auch nicht in ihren Abwandlungen wie:

– Sie sind aber nicht von hier?
– Du hast so einen süddeutschen Akzent?
– Bei uns sagt man dazu Berliner / Krapfen / Pfannkuchen.

Als ich nach Polen zog, hoffte ich darauf mich dieser Fragerei zu entziehen, und endlich eine einfache Antwort auf die Frage „Woher ich komme“ parat zu haben: Aus Deutschland. Pustekuchen. Die Polen fragen nach, wie die Deutschen. Woher aus Deutschland, wollen Sie wissen. Und damit stehe ich wieder vor dem gleichen Dilemma, nur dass es hier schlimmer ist. Warum? Weil in Deutschland das Erwähnen von Städtenamen, Ländern oder Regionen meist ausreicht, um die Frageflut ab jener Stelle abebben zu lassen.

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